Ich denke, also bin ich

Gedanken-Spielereien

Sind wir, weil wir denken?


Wenn du den Text 🎧 anhören möchtest, findest du den Podcast 👇 hier.


"Cogito ergo sum" - ich denke, also bin ich, erdachte der Begründer des modernen neuzeitlichen Rationalismus, Rene Descartes. Und 400 Jahre später könnten ihm bestimmt viele Menschen zustimmen. Denn was bleibt denn von uns über, wenn wir nicht denken? Wäre das nicht furchtbar langweilig?

Schwer vorstellbar, dass wir mal nicht denken. Denn diese Stimme im Kopf, unser stets fließender Gedankenstrom, begleitet uns auf Schritt und Tritt. Selbst, wenn mir mal nichts zu planen oder zu lösen brauchen, wenn wir z.B. darauf warten, dass die Ampel grün wird. Wir lassen Vergangenes Revue passieren, malen uns die Zukunft aus und knüpfen endlos lange Gedankenketten, bis uns irgendetwas oder irgendjemand wieder rausreißt. Das Hupen im Auto hinter uns, zum Beispiel.

Ohne diesen Automatismus hätten wir wahrscheinlich nicht lange überlebt. Es ist notwendig, dass wir aus der Vergangenheit lernen, Erinnerungen abrufen und miteinander vergleichen und für die Zukunft planen und vorausschauen zu können. Nur scheinen wir es, gerade in herausfordernden Phasen, etwas zu übertreiben. Wir kommen ins Grübeln.

Wenn Grübeleien entgleisen

"Denk nicht so viel" oder "Mach dir nicht so viele Gedanken", lautet der gute Rat lieber Menschen, wenn wir es mit der Grübelspirale mal gar zu arg treiben. Wir wissen, dass Grübeleien, finstere Zukunftsvisionen, Erinnerungen an Fehlschläge oder Enttäuschungen usw. uns auf Dauer nicht guttun. Es wirkt sich auf unsere Stimmung und unser Wohlbefinden aus. Trotzdem ist "weniger nachdenken" leichter gesagt als getan. Das wissen alle, die es schon versucht haben. Die Gedanken scheinen sich wie von selbst, quasi automatisch, durch unseren Kopf zu bewegen. Und irgendwie haben wir vergessen, wie der Regler für Gedanken zu gebrauchen ist.

Standardeinstellung des Gehirns

Beim automatischen Über-uns-selbst-und-die-Welt-Nachdenken tun sich bestimmte Bereiche im Gehirn zusammen. Diese Art zu denken nennt sich "Default Modus" und ist eigentlich wichtig fürs Überleben. Er dauert für gewöhnlich (wenn wir dem nichts entgegensetzen) so lange an, bis wir etwas anderes zu tun haben. Zum Beispiel, auf die grüne Ampel zu reagieren.

Gedanken und Wirklichkeit

Problematisch wird es, wenn wir uns durch Grübeleien gedanklich von uns selbst und der Außenwelt abschneiden. Es kann dann allzu leicht passieren, dass wir unsere Gedanken mit der Realität verwechseln. Da machen wir dann aus diesem Arbeitskollegen, der uns immer so eigenartig anschaut, zum Provokateur. Sein Blick geht uns nicht mehr aus dem Kopf und wir überlegen, wie wir dem Einhalt gebieten könnten und vielleicht spüren wir auch eine gewisse Wut in uns aufsteigen. Wir vergessen in diesem Moment, dass unser Gedanke (Blick = Provokation) nicht die Wirklichkeit wiedergibt, sonders sich aus Vorstellungen, unserer persönlichen Geschichte, unseren Erfahrungen, Bewertungen usw. speist und eigentlich vergänglich ist. Was wir heute noch als Provokation denken, könnten wir morgen nach einer Unterhaltung in der Kantine schon ganz anders sehen.

Selbsterfüllende Prophezeiungen

Ein anderes meist unerwünschtes Phänomen entsteht aus unseren Grübeleien, das die Psychologie Selbsterfüllende Prophezeiung nennt. Zum Beispiel kann die Sorge oder Angst, vor einer Prüfung zu versagen, tatsächlich zu schlechteren Ergebnissen führen - auch dann, wenn die Person objektiv dazu in der Lage ist, die Herausforderung zu meistern.

Etwas Starkes entgegensetzen: Achtsamkeit

Solchen Automatismen können wir durch Achtsamkeitspraxis etwas Starkes entgegensetzen. In einem Zustand der Achtsamkeit sehen wir einen Gedanken als das, was er ist: Ein Gedanke. Dadurch entziehen wir ihm die Macht, und er braucht uns nicht länger zu stören (auch wenn er noch da ist...). Außerdem ist es möglich, vom Default-Modus des automatischen Denkens wieder umzuschalten auf "manuellen Betrieb". So haben wir wieder die Freiheit zu entscheiden, ob wir das Grübeln fortsetzen wollen oder stattdessen einfach wahrnehmen oder erleben möchten, was da in uns und um uns herum so ist. Wenn wir die Gedanken beobachten und einfach so nehmen, wie sie kommen, ohne ihnen nachzuhängen oder was hinzuzufügen, dann wird erfahrbar, dass wir nicht unsere Gedanken sind. Und dann wird es wirklich spannend, denn dann haben wir jede Menge Energie frei um zu entdecken, wer wir wirklich sind.

💛

 

Inspired by: H. Weiss, M. Harrer, T. Dietz und der wunderbaren Caroline McHugh.

Die Autorin Petra Ouschan ist psychologische Beraterin und Supervisorin bei Zent und unsere Spezialistin für schriftliches Coaching.

 



Restart - mit Achtsamkeit entspannter und klarer durchs Leben
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