Dr. Me

Eine Frau liegt im Gras. Sie trägt eine Brille mit künstlichen Augenbrauen sowie einen falschen Bart und lacht.
Du hast die Lösung bereits in dir. Sie rauszuholen, ist eine Frage der Technik.

ich bin meine therapeutin

Du drehst dich bei einem bestimmten Thema immer im Kreis? Be-SCHREIB es doch mal. Du kannst tippen, kritzeln, in Stein meißeln...wie es dir gefällt.

Die alten Ägypter taten es bereits vor 6000 Jahren. Im alten Rom machten es die Schriftsteller, die heute noch im Lateinkurs gelesen werden. In den 60er Jahren fand es Einzug in die moderne Psychiatrie und heute wird es von verschiedenen therapeutischen Richtungen genutzt: Schreiben als Methode der (Selbst-) Heilung.

"Alles, was der Mensch erlebt, schreibt sich ins Gedächtnis" - Pierre Janet

Vieles (oder alles, wie der Begründer der modernen dynamischen Psychiatrie Pierre Janet meinte), was wir in unserem Leben erfahren haben, ist in unserem Inneren gespeichert. Der Zugriff darauf mag mitunter schwierig sein, aber irgendwo in einer der alten, versperrten Truhen unseres Innenlebens liegt es. Schreiben ist einer der Wege, um die Truhen zu öffnen und den Inhalt für uns zu nutzen.

Beim Schreiben bist du Meister*in der Veränderung.

Wer zwischendurch gern mal einfach drauflosschreibt, einen Tagebucheintrag verfasst oder seine Gedanken auf einen Zettel schmiert, kennt die reinigende Wirkung des Schreibens. Es geht aber noch mehr als Katharsis. Nämlich dann, wenn der Text...uaaaa... an eine andere Person gerichtet ist (die kann ruhig auch fiktiv sein).

 

So einfach wie eine Bewerbung verfassen

 

Stell dir vor, du schreibst eine Bewerbung. Es ist klar, was du ausdrücken möchtest: Du bist aufgrund deiner Erfahrungen, Kenntnisse und Persönlichkeit der/die Beste für den Job. Sobald du weißt, wie du den Text strukturieren willst, legst du los. Dann kommt wahrscheinlich der Punkt, an dem du innehältst, das Geschriebene liest und so nicht stehen lassen möchtest. Vielleicht warst du zunächst sehr offen (huch! - die Truhe öffnet sich) und willst nun aber den potenziellen Vorgesetzten gar nicht so viel von dir verraten (aha!-eine weitere Truhe geht auf). Du löschst den Satz und suchst nach anderen Worten, neutraleren, unverfänglicheren Worten. Eventuell brauchst du noch Stunden oder Tage, bis dein Text fertig ist. Möglicherweise zehrt das ganze Geschreibe an deinen Nerven (eine Truhe springt dir beinah entgegen), du lässt ihn liegen und korrigierst ihn später erneut.

Das geschriebene Wort lässt sich  jederzeit zurücknehmen. Du gewinnst Abstand und schaffst Ordnung.

Mal alles auf Abstand

Während des Schreibens bist du Autor*in und Leser*in gleichzeitig. Du stellst dir die Person vor, die deine Bewerbung lesen wird und versuchst, sie durch ihre oder zumindest durch fremde Augen zu erfassen. Dadurch nimmst du eine neue Perspektive ein, die wiederum deine Art zu schreiben beeinflusst. So erfährst du Neues über dich.

 

Im Unterschied zum gesprochenen Wort hast du jederzeit die Möglichkeit, korrigierend einzugreifen. Du bist in jedem Augenblick Gestalter*in von Veränderung. Du erlebst, dass du deine nach Außen gebrachte innere Stimme (also auch deine Gedanken) ganz leicht verändern kannst. Und das löst selbst dann etwas in dir aus, wenn das Schreiben nicht ganz dein Element ist.


Du schaffst Ordnung während dieses ganzen Schreiben-Lesen-Korrigieren-Prozesse. Geht von ganz allein, Truheninhalt sei Dank. Vielleicht hast du es ja schon erlebt: Eine sorgfältig verfasste Bewerbung ist nicht nur eine persönliche Visitenkarte, sondern eine geniale Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch. Du weißt ganz genau, was du kannst, warum du den Job willst und was Vorgesetzte an dir haben. Et voilá: Du hast dich selbst ein Stück vorangebracht.

Bewerbungen sind nicht sexy? Ok, du sagst an :-)

Natürlich wird das mit den Bewerbungen irgendwann nicht mehr so der Bringer sein, wenn du es ein paar Mal gemacht hast. Dieselbe Technik lässt sich erfreulicherweise auch mit jedem anderen Thema machen, das dich beschäftigt. Wenn du möchtest, kannst du dich an einem Brief oder einer E-Mail oder auch an einem Blog versuchen. Das Entscheidende ist: Stell dir einfach vor, du erklärst deine Situation einem nicht eingeweihten Gegenüber (es kann durchaus fiktiv sein).

Fragen und Antworten bringen dich voran

Holzzaum. Grafik mit Polaroid-Fotos, auf denen jeweils eine der W-Fragen steht: Who, when, where, how, why, what
Was Journalisten oder anderen Schreiberlingen nutzt, hilft auch in der Selbstheilkunst: Stell Fragen, die dich voranbringen.

Das Prinzip ist denkbar einfach und ist fast immer anwendbar. Kreatives Loch? Kein Problem. Von folgenden Fragen könntest du deinen selbsttherapeutischen Prozess leiten lassen.

Mann liegt auf dem Bauch in der Wiese und schreibt in ein Heft; ländliche Umgebung
Praxis unter freiem Himmel - erlaubt ist, was gut tut
  • Welche Informationen braucht dein Gegenüber, um die Situation zu erfassen?
    Hier bekommst du Abstand zum Thema. Gleichzeitig gewinnst du durch den Wechsel der Perspektive einen breiteren Blick.
  • Gibt es eine konkrete Frage zu dem Thema, das dich bewegt? Welche?
    Darüber nachzudenken lohnt sich. Manchmal schreiben wir viel Blabla, ohne auf den Punkt zu kommen. Das funktioniert auch, wenn du auf die reinigende Wirkung abzielst. Fasst du das alles dann nochmal als Frage zusammen, eröffnest du gleichzeitig auch den Raum für Antworten.
  • Hast du schon Lösungversuche unternommen? Welche?
    Manche Lösungen scheinen so etwas wie der Generalschlüssel für eh fast alles zu sein. Nur in diesem einen Fall geht es irgendwie nicht auf. Wenn du dir deine bisheringen Versuche ansiehst, kannst du damit arbeiten. Entweder du feilst an der Technik noch ein wenig herum oder du denkst in eine ganz andere Richtung.
  • Was wünschst du dir von der Person, an die du schreibst?
    Wünschen kann man sich ja was, und wünschen ist gut. Denn im Wünschen stecken Ziele. Wenn du dich im Kreis drehst und weißt, wie dein Ziel aussieht, dann wird das mit dem Richtung-Einschlagen leichter.

Bleistift spitzen oder ran an die Tasten

Sobald du deine Situation oder Fragestellung beginnst zu formulieren, und zwar so, dass sie auch eine fremde Person verstehen würde, wirst du klarer werden. Deine Gedanken formieren sich, Ordnung entsteht.

 

Wenn du noch mehr rausholen willst, kann dir ein Berater/ eine Beraterin (z.B. wir - geht auch per Mail ;-) zeigen, wie du weiter an und mit dir arbeiten kannst und gibt dir Impulse. Im Idealfall entdeckst du dann be-schreibend Lösungen oder Antworten. Du findest Altes wieder, erfreust dich an Neuem, pflegst deine Beziehung zu dir und erweiterst deine Kompetenz als weltbeste Therapeut*in für dich selbst.


Inspired by: Birgit Knatz, Bernard Dodier, Carmen C. Unterholzer

 Petra Ouschan arbeitet bei Zent.

Besonders gern unterstützt sie Menschen, die neugierig auf sich selbst sind und sich voranbringen wollen.

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