Adieu, Problembär! Was die Trennung vom inneren JJ1 so schwierig macht und wie sie trotzdem gelingt

Heutzutage halten sich viele Menschen einen Problembären, einen JJ1 in unserem Inneren, den wir gern zu uns nehmen, wenn er noch klein und knuffig ist, und der bei sorgfältiger Pflege sehr schnell zu einem ausgewachsenen Gesellen gedeiht.

Die Pflege des Problembären in uns kann bei aller Verbundenheit ganz schön auslaugen. Ihn einfach mal links liegen zu lassen, ist manchmal eine ziemliche Herausforderung. Was die Trennung so schwierig macht und wie es dir dennoch gelingt, verraten wir dir hier.

Ein Bär liegt mit Buch in der Pfote in einem Bett. Er trägt Brille und Mütze. Rundherum Bücher, ein Ofen, Regenschirm, Hut
Der Problembär in unserem Oberstübchen hat Bedürfnisse

Problembärenpflege

Der Problembär ist in der Haltung recht anspruchslos. Ist das Oberstübchen seinen Bedürfnissen entsprechend vorbereitet, fühlt er sich sehr schnell heimisch. Lediglich regelmäßige Fütterung ist erforderlich, um den Kleinen richtig groß zu bekommen. Dabei nimmt er bevorzugt gedankliche Hausmannskost zu sich.

 

Intuitiv greifen die meisten Halter*innen gewohnheitsmäßig zum Richtigen, indem sie alle Gedanken, die das Haltbarkeitsdatum schon längst überschritten haben, an den Problembären verfüttern. Auch kleine Hätt-ich-doch-Nurs oder Ich-bin-Zus finden in ihm einen freudigen Abnehmer. Alternativ können auch Schreckensszenarien angeboten werden.

 

Zwischendurch darf es auch mal was passendes medial Aufbereitetes sein. Gut aufgewärmt schmeckt es jedenfalls am besten.

 

Wir kommen nicht umhin immer wieder zu betonen, wie wichtig die REGELMÄßIGE gedankliche Auseinandersetzung mit dem Problembär ist. Je mehr dabei Ausflüge in die Vergangenheit unternommen werden, umso besser. Gern können die Gedanken intensiv wiederholt werden. Dann merkt sich der Problembär die Wege und kann irgendwann selbständig und ohne großes Aufsehen zu erregen durch den Jungel des Unbewussten streifen und am Selbstwert knabbern.

Bindung an den Problembären

Kette
Die Bindung an den Problembären ist meist sehr stark

Je länger die Gesellschaft eines Problembären dauert, umso stärker wird meist die Bindung an ihn. Eine gewisse Romantik macht sich zwischen ihm und den Halter*innen breit.

Dem Problembären gilt der erste Gedanken am Morgen und der letzte vor dem Einschlafen. Aktivitäten ohne ihn werden selten.

 

Sollten die Halter*innen zwischenzeitlich durch spontanen Spaß oder erfreuliche Aktivitäten abgelenkt sein, braucht ein Abbruch des Bandes nicht gefürchtet zu werden.

Ausgewachsene Problembären kennen den Weg, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und sich dorthin zu positionieren, wo sie hingehören: In den Mittelpunkt des Lebens ihrer Halter*innen.

Ausgelaugt

Nach einiger Zeit erleben Halter*innen im Zusammenleben mit ihrem Problembären einen gefühlsmäßigen Einbruch. Die Romantik verflacht, ein Bedürfnis nach Distanz macht sich breit.

Das ist nur zu verständlich, denn immerhin erfordert die gewissenhafte Pflege, eigene Bedürfnisse permanent hintanzustellen. So ist etwa das Benutzen des Verstandes zum Zwecke der Problemlösung, Entdecken der eigenen Kreativität, Stressprophylaxe, Spaß am Leben usw. sind während der Haltung eines ausgewachsenen Problembären nur begrenzt möglich.

Die Erschöpfung, die sich aus der Versorgung der Problembären ergibt, kann sogar nicht selten bis zu Trennungsphantasien führen.

Nichts überstürzen

Von einer voreiligen und dauerhaften Trennung raten wir allerdings ab. Die plötzliche Abwesenheit des Problembären könnte zu massiven Entzugserscheinungen führen und die Halter*innen stark verunsichern. Die eigene Identität ist mit dem Problembären zu einer Art symbiotischer Einheit verschmolzen. Es wird weiters von einer Leere im Oberstübchen berichtet, die schwer erträglich sei.

 

Die Versuchung ist daher groß, sich nach der endgültigen Trennung einen jungen Problembären anzuschaffen. An ihn könnten dann die sonst überflüssigen und  meist massenhaft vorrätigen kreisenden Gedanken verfüttert werden, die für den alten Problembären kreiert wurden. Der ersehnte Erholungswert würde sich ausbleiben und der Abschied vom alten Problembären wäre dann mehr als fragwürdig.

Lösung: Trennung auf Zeit

Um zur Erholung zu kommen, empfiehlt sich also, den Problembären in Ferien zu schicken, damit du dich erholen kannst. Winterschlaf, wenn die Jahreszeit passt oder Sommerfrische - je nachdem, welche Vorstellung leichter fällt. Wir schlagen dazu folgende Vorgehensweise vor:

VW-Bus, im Hintergrund Palmen und türkises Meer
Ohne Problembären kannst du die Seele endlich wieder mal baumeln lassen
  • Lege dir Argumente zurecht, um den Problembären beim späteren Gespräch überzeugen zu können
  • Sprich besonders wertschätzend mit dem Problembären, es könnte ihn nämlich überraschen treffen
  • Wähle einen Ort für ihn, von dem aus er nicht selbständig zurück kann. Er wird sonst garantiert bei nächster Gelegenheit ausbüchsen und wieder bei dir im Oberstübchen einziehen
  • Fixiere die Dauer seines Aufenthaltes unbedingt im Vorhinein und nimm dir dabei nicht zu viel vor. Der Zeitraum seiner Abwesenheit sollte so gewählt sein, dass du währenddessen auf jeden Fall ohne ihn auskommen kannst. Jeder Gedanke an ihn birgt die Gefahr, ihn anzulocken. Das wäre mit deinem Erhohlungswert unverträglich
  • Denk daran: solange der Problembär die Füße unter deinem Tisch hat, sagst du an, wie es läuft.

So bringst du ihn aus dem Haus

Suche dir einen transportierbaren Gegenstand, der für deinen Problembären stehen soll. Nachdem du ihm dein Vorhaben mitgeteilt hast, legst du den Gegenstand an einen Ort, den du für angemessen hältst. Folge einfach deiner Intuition, die weiß schon, wohin damit.

 

So weit, so gut. Du hast den Problembären symbolisch aus dem Oberstübchen abtransportiert. Jetzt brauchst du nur noch dafür zu sorgen, dass du ihn auch loslässt. Ein gut erprobter Weg ist folgender:

 

Kehre mit deiner Aufmerksamkeit ins Jetzt. Sollte sich der Problembär breit machen wollen, frage dich einfach: Gibt es genau jetzt, in diesem Augenblick, ein Problem? Falls ja, kannst du es jetzt, in diesem Augenblick lösen? Falls ja, löse es. Benutze dazu deinen Verstand als Werkzeug, nicht als Fütterungsmaschine. In allen anderen Fällen:

 

Viel Spaß im Jetzt! Genieße deine Zeit ohne Problembären. Sie wird schnell vorbei sein. Dann habt ihr einander wieder, wenn du das willst. Und solltest du dich entscheiden, ohne ihn weiterzumachen, hast du (im) JETZT alle Möglichkeiten.


Inspired by: Claudia with Zen in her office, Thomas, J. Grinder, R. Bandler, E. Tolle

 

Petra Ouschan arbeitet bei Zent. Sie beschäftigt sich gern mit Problembären, schrägen Vögeln und allen sonstigen wilden und zahmen Kreaturen, die innerhalb und außerhalb des Unbewussten ein lebendiges Dasein pflegen.

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